Die wichtigste Kunstmesse Europas, die Art Cologne, zeigt jedes Jahr die angesagteste Kunst der ausstellenden Galerien in den Bereichen Klassische Moderne, Nachkriegskunst und zeitgenössische Kunst. Wer hier ausstellt, der bewegt etwas in der Kunst. Auch Talks mit wichtigen Persönlichkeiten der Kunstszene bietet die Art Cologne (19. bis 22. April 2018). 1967 debütierte die Messe im Kölner Gürzenich, doch schon lange ist sie in den Köln Deutzer Messehallen zu Hause.
Was stach heraus?
Einerseits wiederholen sich Kunstwerke und Künstler, wer gefiel, war wieder da. Nicht zwangsläufig mit genau demselben Werk, doch mit einer Abwandlung dessen. Immer währende Klassiker, Berühmtheiten, sind natürlich immer wieder im Mix der Messe zu finden. Allerdings gibt es auch 2018 jede Menge Neuentdeckungen, Künstler und Werke, die interessant sind und neuen Pfiff rein bringen.
Vielfach beachtet, amüsant, zu recht bestaunt
Viel fotografiert auf der laufenden Messe ist ein sich bewegender, ausgetopfter Roboterhund: ein Schäferhund, welcher mit dem Kopf nickt, nach unten schaut und auch mal in der Haltung erstarrt. Dazu passend und amüsant ist ein großer Drachenkopf von Zuzanna Czebatul aus Plüsch, Stoff und Plastik, der seine Zähne zeigt, seine Zunge ausstreckt und wütend rote Augen hat – aber durch die gelbe Fellfarbe und den Plüsch eher niedlich daher kommt, so auf dem Boden liegend. Die Künstlerin gestaltete auch den bunten, poppigen Teppich in der Eingangshalle Süd, siehe Fotogalerie.
Das größte Überraschungswerk, vielfach bestaunt und das zu recht, ist das dreidimensionale Gemälde „Eau de Cologne“ von Patrick Hughes. Darauf abgebildet sind Innenräume des Kölner Museum Ludwigs, dem Museum für Kunst des 20. Jahrhunderts und der Gegenwartskunst. Dabei ist die Leinwand ein dreidimensionales Objekt, so perfekt perspektivisch bemalt, dass der Betrachter den Eindruck hat, die Räumlichkeiten in Bewegung zu durchwandern. Faszinierend und sehr gut gemacht! Fotos können das Werk nicht akkurat abbilden, dazu ist schon ein Video nötig. Der Gedanke drängt sich auf, dass „Eau de Cologne“ zu schade für Privaträume wäre und doch schon eher wirklich ins Museum Ludwig gehört.
Mir persönlich sehr gut gefiel auch das Selbstpotrait mit 30 Jahren „Birthday“ von Dorothea Tanning, eine Lithographie auf Velin d’Arches, nach einem Gemälde von 1942. Die Malerin und Max Ernst lebten 34 Jahre als glückliches Paar zusammen bis zum Tod Max Ernst im Jahr 1976.
Hello again
Ein Wiedersehen gibt es z.B. mit Chun Kwang Young und zwei Werken seiner „Aggregation“-Reihe, jede Menge gefaltene Papierschiffchen aus dem Papier des Maulbeerbaumes, zusammen gesetzt zu einem dreidimensionalen Muster. Diesmal in rot und eimal in grün, statt in blau-lila, wie zuletzt. Das Werk „Phantom“ von Günther Uecker sehe ich auch nicht das erste Mal in diesen Hallen. Werke des Cologne Fine Art-Preisträgers 2012, dem Skulpturenkünstler Tony Cragg, waren auch wieder vertreten. Zudem erneut ein Kölner Dom Bild von Andy Warhol.
Talks auf der Art Cologne
Die Art Cologne und das Kunstmagazin Monopol luden am 19. April zu Talks über das sich verändernde Wertesystem im Kunstbetrieb ein. Um 14 Uhr fand der Talk zum Thema „Was dürfen Kuratoren? Alte Codes und neue Ethiken“ statt und um 15 Uhr „Best Practise – Handlungsmodelle im Kunstbetrieb.“ Bei Ersterem übernahm Elke Buhr, Chefredakteurin der Monopol, die Moderation, während zu den Talkgästen Yilmaz Dziewior (Museum Ludwig), Gregor Jansen (Kunsthalle Düsseldorf) und Stefanie Kreuzer (Museum Morsbroich) gehörten. Letzteren Talk moderierte Monopol-Autor Daniel Völzke; er sprach mit Daniela Berglehn (innogy Stiftung für Energie und Gesellschaft), Bettina Böhm (Outset. Germany_Switzerland), Lutz Casper (LBBW-Sammlung) und Patricia Kamp (Museum Frieder Burda I Salon Berlin).
„Was dürfen Kuratoren? Alte Codes und neue Ethiken“
Auf der Suche nach der Frage, welchem Wertesystem der Kunstbetrieb folge, in einer Zeit der Skandale, der Korruption, des Kuratoren-Bashings, unterhielt sich Elke Buhr mit ihren Gästen zum Thema „Was dürfen Kuratoren? Alte Codes und neue Ethiken“. Im Publikum kam die Frage auf, ob nicht nur einzelne Machtpersonen letztendlich Künstler groß machen würden. Yilmaz Dziewior, der Direktor des Museum Ludwig, reagierte so: „Die Verschwörungstheorie, dass einzelnde Personen Künstler machen, ist wirklich Nonsense.“
Er führte weiter aus, dass mit nachhaltig wichtigen Künstlern, wie z.B. Gerhard Richter oder Rosemarie Trockel, viele verschiedene Menschen zusammen gearbeitet hätten, bis sie berühmt und nachhaltig bedeutend wurden. Einzelne Personen mit großer Macht würden Positionen beziehen, die kurzzeitig präsent seien, dann aber wieder weg seien. Wer nachhaltig wichtig werde, das würden viele Menschen und Institutonen zusammen bestimmen, nicht einzelne Strippenzieher.
Zudem kam die Frage auf, wie sehr Herr Dziewior von Seiten der Geldgeber, der Stadt und der Ludwig Stiftung angehalten sei, auf jeden Fall hohe Besucherzahlen zu erzielen. Der Museumsdirektor antwortete: „Die Besucherzahl sagt per se sehr wenig aus.“ Die Vermittlung und die Auseinandersetzung mit relevanten Themen, Positionen, sei auch wichtig. „Es ist ein ausgewogener Mix, zumindest versuchen wir das. Wir können es uns gar nicht leisten, nur auf Besucherzahlen zu schauen.“ Dazu fehle die Zeit, das Geld und der Raum, denn ein Museum habe nunmal viele Aufgaben. Auch Bildung, gerade notwendige Positionen zeigen, wichtige Künstler zeigen, auch wenn sie erwartungsgemäß nicht die großen Besucherzahlen anziehen würden.
Video: „New positions auf der Art Cologne“, Quelle: BVDG, Vimeo
„Best Practise – Handlungsmodelle im Kunstbetrieb.“
Bei diesem Talk betonten die Gäste auf dem Podium mehrfach, dass bei Stiftungen in der Satzung verankert sei, dass sie gemeinnützig seien, das seie steuerrechtlich relevant. Sie seien transparent und ein Missbrauch seie nicht möglich, so die Aussage. Achtung vor der Ehrlichkeit, und dem Mut hierbei Fragen aufzuwerfen, obwohl man sich damit selbst angreifbar machen könnte, bekam ich bei Ausführungen Daniela Berglehns. So kann man auch einen Vertrauensvorschuss erhalten – sie bewies zumindest Selbstreflexion. Sie stellte die Frage in den Raum, wo die Einflussnahme anfange. Wenn Stiftungen zum Beispiel bei angedachten Schenkungen für Museen sagen würden, sie würden die Schenkung in Betracht ziehen, da sie es gerne sehen würden, wenn dieser oder jener Diskurs dabei zu Stande käme – das fänden sie ganz spannend … Die Dame der innogy Stiftung für Energie und Gesellschaft warf die Frage auf, ob da nicht schon Beeinflussung stattfinden würde.
Museen wiederum müssten dann schauen, ob nicht daraufhin vielleicht der Künstler sagen würde, er möchte nicht mit dem Energieunternehmen xy in einem Kontext gesehen werden und sich nicht mit diesen auf ein Podium stellen wollen, um mit diesem über Energie zu diskutieren. Und er wolle unabhängig von diesem Unternehmen rezepiert werden. Berglehn fragt: „Was macht man da? Wo fängt die Einflussnahme an?“
Sowohl Lutz Casper (LBBW-Sammlung) und Bettina Böhm (Outset. Germany_Switzerland) betonten, sie seien finanziell angewiesen auf private Schenkungen. Dass alles aber transparent verlaufe, betonten sie ebenfalls. Steuerrechtlich sei es für Stiftungen verboten, Schenkungen mit Bedingungen zu verknüpfen.
Was dann als Frage zurück bleibt, ist, ob der Einfluss nicht versteckter verläuft und somit schon fast Bedingungen im Hintertürchen auf sanftere Art und Weise kommuniziert werden. Die staatlichen Kontrollmechanismen via Satzungen und Steuersystemen sind erstmal da, um im gemeinnützigen Bereich vor unpassenden Finanzentscheidungen und Korruption zu schützen. Im Dialog könnte eine Stiftung aber offensichtlich so oder so ihre Belange geltend machen. Die Frage ist immer, wie genau, wieviel, inwieweit. Wie schmal der Grat sein kann, davon können die Experten des Tagesgeschäfts sicherlich ein Liedchen pfeiffen.