Seit dem 24. März 2017 hat das Museum Ludwig in Köln eine Neuigkeit: Ein Fotoraum wurde geschaffen, um die beeindruckende Sammlung an 70.000 Werken hochkarätiger Fotografien von den Anfängen des 19. Jahrhunderts bis heute zeigen zu können. Dazu lädt das FOTO LAB Kinder und Erwachsene ein, mit Fotografie zu experimentieren. Wie die Camera Obscura, das Urmodell der Kamera, funktioniert, kann man dort auch erfahren – ein Modell steht vor Ort. Die Fotografie hat damit einen neuen, festen Platz in Köln. Zum Start zeigt das Museum „Henri Cartier-Bresson und Heinz Held: Menschen mit Bildern“ bis zum 20. August 2017.
Was gibt es zu sehen?
Ganz oben, in der dritten Etage des Museums, findet man die Fotoräume. Einmal die Haupttreppe hoch, nach hinten links zu den Ausstellungsfluren und dann direkt nochmal links – dort versteckt sich das Schild zu den Fotoräumen, die das Museum Ludwig beherbergt. Die Räumlichkeiten sind nicht besonders groß, doch ist Platz für eine Videoinstallation mit einem Infofilm, die Fotografien an den Wänden natürlich, Schaukästen und eben dem interaktiven FOTO LAB. Dabei ist Interaktvität im Museum meiner Meinung nach immer eine gute und spannende Idee. Hier ist das FOTO LAB interessant gestaltet. Es gibt eine witzige Fotowand, vor welcher ein Hocker steht – schließlich braucht derjenige, welche die Camera Obscura ausprobieren möchte, auch ein Fotomodell – klar. Eine Anleitung, was dabei zu tun sei, liegt auch aus. Zudem haben die klenen und großen Besucher selbst die Möglichkeit eine kleine Fotoausstellung mit 50 Reproduktionen aus der Sammlung Fotografie einzurichten.
Die Besonderheiten des Henri Cartier-Bresson und Heinz Held
Der französische Fotograf Henri Cartier-Bresson (1908–2004) und der Kölner Fotograf Heinz Held (1918–1990) sind sich mehrfach begegnet: 1956, als Cartier-Bresson nach Köln reiste, wo seine Bilder auf der Messe photokina gezeigt wurden, arbeitete Heinz Held nicht nur mit an der Ausstellung, sondern fotografierte sie auch. Sie begegneten sich wohl auch im Haus von L. Fritz Gruber, dem Begründer und Leiter der photokina-Bilderschauen, einem gemeinsamen Freund. Worüber sie gesprochen haben, ist nicht überliefert. Aber beide hatten einen ähnlichen Ansatz: Mit einer kleinen Kamera, unauffällig flanierend und den Moment abwartend, wenn etwas Unerwartetes, Rührendes, Komisches im Bild zum Vorschein kommen konnte – meist unbemerkt von den Menschen, die fotografiert wurden. Vom „entscheidenden Augenblick“ sprach Cartier-Bresson.
1967 richtete die Kunsthalle Köln Cartier-Bresson eine Einzelausstellung aus. Das gesamte Konvolut der circa 200 auf Holzplatten gezogenen Fotografien ist heute Teil der Sammlung Fotografie im Museum Ludwig und war zuletzt vollständig 2004 anlässlich von Cartier-Bressons Tod im Museum Ludwig zu sehen. Der Nachlass von Heinz Held befindet sich im Museum Ludwig und wird derzeit erschlossen. Aus der Bandbreite beider Werke sind hier Bilder versammelt, die den Menschen im Museum und in der Stadt zeigen. Ein Gemälde, eine Skulptur, ein Plakat oder ein Straßenschild treten hierbei in einen Dialog mit den Betrachtern und Passanten. Cartier-Bresson erkannte in solchen Korrespondenzen das surreale Potenzial der Fotografie. Heinz Held fand darin eine „Magie“, die „ins Herz trifft“.
Fotosammlung im Museum Ludwig
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Arbeit mit der Fotografiesammlung des Museum Ludwig ist deren digitale Erfassung in einer wissenschaftlichen Datenbank zu Recherchezwecken. Dank der großzügigen Unterstützung von Pixum ist es dem Museum Ludwig gelungen, in den vergangenen zwei Jahren 4.000 Fotografien der Sammlung Agfa erstmals digital zu erfassen. Diese sind seit dieser Woche für alle online sichtbar. Über www.kulturelles-erbe-koeln.de wird so die Sammlung Fotografie Stück für Stück publik gemacht und somit allen Interessierten ermöglicht, einen Einblick zu erhalten. Fortgesetzt wird die Erfassung nun mit den Sammlungen Gruber, den Erwerbungen des Museum Ludwig sowie der Sammlung Mrazkowa, die ab sofort und auch in den kommenden zwei Jahren von der Firma Pixum unterstützt wird.
Ab 1. September folgt anlässlich des 100. Geburtstags von Heinrich Böll die Präsentation Die humane Kamera. Heinrich Böll und die Fotografie (bis 7. Januar 2018).