Intensiv & inbrünstig: Algiers Konzert im Artheater

Algiers The Underside of Power Konzert Artheater Koeln, Kulturklitsche. Foto: Joe Dilworth

Die Band Algiers ließ bei vollem Haus am Freitag, den 23. Februar das Artheater in Köln vibrieren. Die Vier (aus New York, London, Atlanta) machen dystopischen, experimentellen Soul, der nicht nur unter die Haut geht, sondern auch in die politische Seele greift. Die Songs ihres neuen Albums „The Underside Of Power“ sind ein musikalischer Kommentar zur aktuellen Weltlage und der darin lebenden Menschen.

Die Soul-Rocker, die allesamt in ihrer Kindheit in Atlanta Rassismus und Gewalt erfahren mussten und jetzt keinen Bock auf Trump haben, brennen ihre Ansichten und Assoziationen spürbar mit den niedergeschriebenen Musiknoten und dem Text in ihren Sound ein. Matt Tong, das ehemalige Bloc-Party Mitglied, ist der neue Drummer.

Die Vorband des Abends im Artheater war Jupiter-C. Die Elektro Band hat sich nach einem Raumfahrfahrzeug benannt und macht einen sehr französisch-düster-nihilistischen Eindruck, sowohl, was den Style der Sängerin angeht (schwarzer Lippenstift, Baskenmütze), als auch wegen des minimalistischen, Roboter-haften und meditativ-melodiösen Sounds. Jupiter-C kamen gut an. Die Irritation, die der Hörer bei Algiers haben kann, passte auch bei der Vorband, so dass der Support schon logisch anmutete.

Wie war das Algiers Konzert in Köln?

Das Publikum begrüßte Algiers mit deutlich freudigem Erwarten. Der Saal im Artheater wusste gar nicht, wie ihm geschieht, als ein abgedrehter Klangteppich aus Glockenläuten, wütenden Shouts (Song „Walk Like a Panther“), tiefen Bässen von Ryan Mahan und Gitarrentönen von Lee Tesche, sowie der unfassbar durchdringenden Soulstimme des Sängers Franklin James Fisher in ihm widerhallte. Das Publikum wippte teils wissend mit, teils ließ man die Soundmassage einfach mit voller Wucht auf sich wirken.

Der Songtitel „Cry of the Martyrs“ sagt schon viel. Treibende, schnelle Riffe, der vorwärts preschende Gesang, die merkliche Not, etwas bewegen zu müssen, das Leid dessen, was man mitbekommt – das schwingt hier klar mit. „The Underside of Power“, der namensgebende Titelsong des Albums, zu dem auch das offzielle Musikvideo veröffentlicht ist, klingt zwar irgendwie fröhlich. Aber der Schein trügt, was schon bei der ersten Zeile „I’ve been stranded and paid to die on the side of the road“ verständlich ist. Doch der Appell, nicht klein bei zu geben, durchzuhalten und für bessere Zeiten stark zu bleiben, ist nun mal auch da: „We’re on the wrong side of the power […] stay strong, change is coming on, one day a change is gonna come.“

Der Geigenbogen, den der Gitarrist Lee über seine Saiten streicht, Matts eindringlicher Drummbeat, Franklins Pianoklänge und seine tief emotionale Stimme – das ist live durchaus alles ein Erlebnis.  Bei den Balladen am Piano („Hymn for an Average Man“) war das Publikum still, aber die Smartphone Videoflut störte den Genuss merklich sowohl in den Reigen, als auch auf der Bühne. Da war die Stimmung natürlich besser, als Minuten lang nach einer Zugabe verlangt wurde: So schnell mochte man die Musik, die den ein oder anderen vielleicht kurzzeitig etwas seelisch plättete, nicht missen. Eine Band mit nachhallender aprés Konzert Wirkung ist es allemal.

Fazit des Algiers Konzerts in Köln

Wem die brennende Welt gerade egal ist, der sollte nicht Algiers hören. Alle anderen lassen sich hier durchaus auf gedankliche, emotionale bis physisch spürbare Verarbeitung dessen in Musikform ein und erleben so einerseits, was in dem Selbst so zu dem Thema abgeht, als auch dass sie damit die eigene musikalische Erfahrung bereichern. Dystopisches Soul Experiment? Gelungen.

Algies Live-Artheater Koeln Februar2018 Kulturklitsche
Band Algiers, The Underside of Power Album, Konzert im Artheater Köln, Kulturklitsche war dabei. Foto: Karoline Sielski