Alles fließt: „James Rosenquist. Eintauchen ins Bild“

James Rosenquist bei der Arbeit an Star Thief (Sternenräuber), 1980 Art: © Estate of James Rosenquist/VG Bild-Kunst, Bonn 2017 Foto: © Estate of Bob Adelman/VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Die Sonderausstellung und Überblicksschau zu „James Rosenquist. Eintauchen ins Bild“ im Museum Ludwig, Köln (bis 4. März 2018), ist nicht nur deshalb gigantisch, da Rosenquist eine Menge großformatige Malerei der amerikanischen Pop Art erstellt hat, sondern auch, weil über zwei Etagen hinweg eine riesige Anzahl an Werken, Collagen als Quellmaterial und Archivunterlagen (siehe Bildergalerie) vorhanden sind. Werbung aus unzähligen Life-Magazinen nutzte Rosenquist als Collagen-Material, um seine politisch-sozial motivierten Motive damit zu füttern. Vor seinem Tod 2017 konnte der Künstler Konzept und Werkauswahl im Museum Ludwig noch beeinflussen und begleiten.

„Sternenräuber“

In der Sonderausstellung schiebt sich dem Betrachter im Museum Ludwig u.a. das großformatige Ölgemalde namens „Star Thief“ (Sternenräuber) (siehe Artikelbild) ins gesamte Gesichtsfeld. Wenn man sich darauf einlässt, denn der Raum, in dem genau dieses Werk hängt, hat ebenfalls viel Fläche. Rosenquist spielt mit vielen unvermittelten optischen Reizen. Bacon (ja, Bacon nenne ich persönlich da zuerst), Nadeln, spitze Linien, kosmische Weiten, rote Lippen, bunte Farben. Es scheint wie ein Gleichgewicht zwischen den unangenehmen und angenehmen Bilderwelten; ein Yin und Yang aus Gleiten entlang des Bacons und eines Wasserfalls, sowie ein Festhalten an einem Gitter oder buntem Kabelsalat im All. In der Mitte der Hals und die Lippen eines Körpers. Das Gitter, die Kabel, die Nadel liegen auf Kopfhöhe, Bacon und Wasserfall auf Körperhöhe. Die Dynamik der Linien nimmt den Betrachter mit. Alles fließt, so lässt sich prima ins Bild eintauchen.

Das ist ein Beispiel, welches aber vom Prinzip her für viele Werke Rosenquists greift. Ein Bild im Fluss, großformatig, bestens um alles andere für die Zeit des Betrachtens auszublenden. Das Dargestellte brennt sich sekundenlang ins Bewusstsein, dann kommt vielleicht eine spontane Assoziation, oder aber ein Ereignis aus dem Kontext des Gezeigten bricht durch die Wahrnehmungsdecke. Rosenquist will auf eine Reise mitnehmen – ins Unterbewusstsein und hinein in die aktuelle Weltlage. Sozial, politisch. Der Zuschauer soll aufmerksam werden, auf das, was um ihn herum in der Gesellschaft passiert, und was in ihm tief innen geschieht. Beides lässt sich verbinden; das zeigt James Rosenquist zauberhaft.

„The Swimmer in the Econo-mist“

Rosenquist beschäftigte sich viel mit Zeitgeschehen. Das 27 Meter lange Bild „The Swimmer in the Econo-mist“ schuf er 1997 bis 98 für Berlin – u.a. sind Schemen aus Picassos „Guernica“ und Stücke der eigenen Geschichte in einem irritierendem Zeitstrudel verwoben. Hier ist nicht nur die Umbruchssituation Deutschlands spürbar. Geht der Betrachter Meter für Meter langsam ab, bewegt er sich wie in einem Film, dessen Geschwindigkeit er selbst bestimmen kann. Das ist schon ziemlich beeindruckend. Eintauchen ins Bild? Geschafft.

Reproduktion gefällig?

Die Hommage an den am 31. März 2017 verstorbenen Künstler ist eine tatsächlich riesige Sonder- und Überblicksschau. Neben Arbeiten der eigenen Sammlung und großzügigen Leihgaben von James Rosenquist selbst werden wichtige Werke aus Museen wie dem MoMA und dem Guggenheim Museum in New York, dem Centre Georges Pompidou in Paris oder dem Moderna Museet in Stockholm gezeigt. Mit Sondergenehmigung sind einige Reproduktionen für den Verkauf entstanden – diese sind ausschließlich in der Buchhandlung Walther König im Museum Ludwig erhältlich. Zum Beispiel ein Fine Art Print des Werks „Star Thief“ (siehe Artikelbild) ist für 190 Euro erwerbbar. Keine Sorge, die Kunstdrucke passen problemlos an eine Durchschnittswand.

Video: „James Rosenquist. Eintauchen ins Bilder“, Quelle: Vimeo, Museum Ludwig