Als Bester Animationsfilm 2018 für einen Golden Globe nominiert und für die Beste Filmmusik auf der Shortlist der Nominierungen für den Oscar 2018 ist der biografische Film „Loving Vincent“. Der rein aus Ölgemälden produzierte Film begeistert bereits zahlreiche Kritiker und kam am 28. Dezember in die deutschen Kinos.
Los geht’s ein Jahr nach dem Tod des Künstlers. Der Zuschauer taucht in eine im Malstil van Gogh’s gemalte Welt ein, die von über 125 Künstlern auf der ganzen Welt geschaffen wurde. Vincents ehemaliger Postbote hat einen Brief an Vincents Bruder Theo und möchte seiner Verantwortung gerecht werden, den Brief zuzustellen. Er ist nicht mehr der Jüngste und übergibt diese Aufgabe seinem Sohn, Armand Roulin. Erst ist der junge Mann distanziert und kann die Wichtigkeit solch eines Briefes für eine andere Person scheinbar nicht verstehen, doch immer mehr packt ihn die kriminalistische Aufgabe, nicht nur den Brief der richtigen Person zu geben, sondern auch die Todesumstände und das Leben des Künstlers van Gogh zu entschlüsseln. Der Adressat, Vincents Bruder Theo, erweist sich als tot, also reist Armand Roulin weiter, um den letzten behandelnden Arzt, sowie Freund des Malers aufzusuchen. Dieser habe Kontakt zu der Witwe Theos, die letztlich den Brief erhält. Gerührt, dass der private Brief des Toten bei ihr ankommt, durch all die Mühe Armands, erstellt sie eine Abschrift; der Zuschauer erfährt den Inhalt des Briefs letztendlich auch.
Völlig gemalt
Dazwischen begeistert der wunscherschöne Malstil – mehr als 65.000 Einzelbilder erinnern stetig an van Goghs Bilder. Zudem bewegt die in einem Kriminalfall aufbereitete Geschichte des Künstlers, wobei der Fokus vor allem auf seinen mysteriösen Todesumständen liegt. Was trieb ihn sechs Wochen nach seiner als geheilt befundenen Entlassung aus der Heilanstalt in den dramatischen Zustand, sich das Leben nehmen zu wollen? Erschoss er sich selbst oder wurde er erschossen? Wer seiner Zeitgenossen kann eine glaubhafte Auskunft über die Todesnacht und die Todesumstände geben?
Video: „Loving Vincent Trailer“, Quelle: Vimeo, Trademark Films
Vincent van Gogh verstehen
Die biografische Geschichte wird unterhaltsam erzählt, die Charaktere, gemalt nach Darstellern, wie Eleanor Tomlinson als Adeline Ravoux, oder Saoirse Ronan als Marguerite Gachet, sind sympathisch, man fiebert mit. Es wird klar, was für ein empathischer, sensibler und gebeutelter Mensch Vincent sein musste, welche Umstände seiner Kindheit und Beziehung zu seinen Eltern zu seiner Haltung führten, welche empfindsamen Eindrücke van Gogh in seine ausdrucksstarken Bildern kanalisierte und wie ein Außenseiter von der Gesellschaft erdrückt werden konnte. Die Andersartigkeit des Künstlers, seine Empfindsamkeit, stößt bei manchen Zeitgenossen auf Unverständnis und damit auf Furcht, Zwietracht, Missbilligung und zuweilen konkretem Abscheu und gelebtem Hass. Rückzug und Verzweiflungstaten folgten. Daraufhin erfuhr Vincent noch mehr Verfolgung und Missbilligung von außen, welche umso mehr den Teufelskreis nährten, in dem der Ausnahmemaler van Gogh sich befand.
In nur acht Jahren hatte der Künstler sich von einem Anfänger zu einem einflussreichen Maler des Impressionismus gemausert, diverse Pariser Künstler kamen zu seiner Beerdigung. Seine Malkunst und sein Naturtalent riefen Neider hervor, aber auch Beschützer seines Könnens. Dennoch endete sein Schicksal früh in einem tragischen Todesfall. Kann Armand Roulin Licht ins Dunkle bringen? Die packende Biopic Story und aussagekräftige Bilder im Malstil des Genies verbinden sich zu einem atmosphärischen Film, der hingebungsvoll das Unverständnis, aber auch die Liebe zahlreicher Menschen zu Vincent van Gogh offenbar werden lässt – von seinen Zeitgenossen, über die Filmschaffenden, bis zum Zuschauer.
Die polnisch-britische Produktion des Biopics „Loving Vincent“ erfuhr die Regie von Dorota Kobiela und Hugh Welchman, die preisverdächtige Filmmusik ist von Clint Mansell.