„Meine Zeit mit Cézanne“: Ein tiefer Einblick in zwei Künstlerseelen

Pressebild pathefilms.ch, "Meine Zeit mit Cézanne" mit Guillaume Canet & Guillaume Galienne; autorisée dans le contexte de la promotion du film.

Die tiefe Freundschaft zwischen den Impressionisten Émile Zola und Paul Cézanne, die im Film „Meine Zeit mit Cézanne“ mitreißend erzählt wird, begann im Frankreich des 19. Jahrhunderts, wie vielleicht viele Freundschaften heute in Deutschland und auf der ganzen Welt beginnen: Der junge Zola zieht nach Aix-en-Provence und wird allein auf Grund seines ausländischen Namens von ein paar Mitschülern auf dem Schulhof belästigt. Cézanne verteidigt ihn und zögert nicht, sich für Zola zwischen ihn und die rüpelnde Meute zu werfen.

Von da an helfen die beiden sich gegenseitig und tauschen sich in ihrer Liebe, der Kunst, aus. Zola (Guillaume Canet) wird Journalist und Schriftsteller und Cézanne (Guillaume Galienne) wird Maler. Auch in der Kunst der Liebe überschneiden sich die Wege der beiden, denn sie verlieben sich in die selbe Frau (Alice Pol). Für den einen bleibt es eine Liebelei, für den anderen wird sie die Ehefrau, was die Freundschaft nicht begräbt.

Zola kommt mit der Zeit zu Ruhm und Geld, von der Akademie beachtet, seine Bücher verkaufen sich bestens, er zieht nach Paris zurück und hat ein großes Heim und eine Familie, gibt Soirèes, einzig der Kindersegen will sich nicht einstellen.

Dagegen lebt Cézanne von der Hand in den Mund, er bleibt von der Akademie verkannt, sein Werkstoffhändler ist in seinem kleinen, dunklen Laden sein Galerist. Cézanne wird verschmäht und lottert dahin, ihn plagen ständige Zweifel. Er hat wechselnde Affären, bevor er eine junge Muse findet, die ihm schließlich einen Sohn schenkt, dennoch bleibt er von wechselhafter Laune und zieht sich zurück. Besonders die Wirkung der Landschaft Südfrankreichs auf Cézanne ist jedoch positiv spürbar.

Darstellung der Freundschaft

Die flirrende Wechselspannung der Freundschaft wird atmosphärisch, mit stimmungsvollen Farben und Klängen dargestellt – in vielsagenden intimen und psychologisierenden Dialogen zwischen Cézanen und Zola. Die beiden besuchen sich etwa alle zwei Jahre mal in Paris, mal in Aix. Die Freunde teilen Freud und Leid, jeder auf seine Weise. Die Sehnsucht nach der Vertrauensperson, dem jahrelangen Freund, wird in solchen Momenten im gesamten Film gegenseitig spürbar. Die gegenseitige moralische Unterstützung ist unverkennbar ein Gewinn in beider Leben. Aber auch die Gegensätze werden sichtbar.

Émile Zola, auf dem Weg zum Erwachsenwerden noch eher schüchtern und zurückhaltend, wird zusehends aufgeschlossener, je mehr er in seiner Kunst und in der Gesellschaft auflebt. Seine Kinderlosigkeit lässt ungeahntes Verlangen in ihm aufleben. Paul Cézanne, schon früh ein Lebemann, bleibt Zeit seines Lebens ein Freigeist. Durch die Zurückweisung, die seiner Kunst und seiner Person widerfährt, verschließt er sich mehr und mehr.

Émile ist Modernist, umgibt sich zwar in seinem Haus mit Antiquitäten, da sie ihm Sicherheit geben, doch er denkt an Zukunftweisendes, wenn er schreibt. Seine Romane und politischen Schriften werden schon in seiner Lebzeit vielfach diskutiert. Paul stellen sich neue Formen in seinem Kopf dar, doch er hat zeitweise Schwierigkeiten zu Papier zu bringen, was ihm vorschwebt. Er versucht und versucht dennoch zeitlebens, sein Werk zu entwickeln und wird erst nach seinem Tod, auch von seinen künstlerischen Nachfahren, für seine wegbereitende Kunst bewundert.

Der Bruch zwischen Zola und Cézanne

Durch die Annerkennung und auch durch Freundschaften mit befreundeten Malern wie Manet erblüht Zola nochmal mehr während seines Schaffens. Die erfolgreiche Fassade des Schriftstellers bekommt in einem Arbeitszimmergespräch mit Cézanne jedoch ganz plötzlich einen Riss, sie bröckelt und fällt urplötzlich ab. Émiles neues Buch „Das Werk“ ist der Aufhänger. Doch verletzende Worte fallen nicht erst hier. Eitelkeiten kommen nicht erst hier zu Tage. Zeitweise spottet der eine über den anderen – hinter dem Rücken. Tiefe freudschaftliche Gefühle werden zusehends verletzt, der Respekt schwindet dahin, es kommt immer mehr zum Zerwürfniss, welches im Gespräch über das „Werk“ dann im Film seinen Höhepunkt findet.

„Meine Zeit mit Cézanne“ von Danièle Thompson ist ein intimer, emotionaler, atmosphärischer Film. Es lohnt sich, die berührenden Wege der beiden Künstler in diesem Streifen mitzugehen und damit einen Blick in das Denken dieser Künstlerseelen zu werfen.


Filmtrailer „Meine Zeit mit Cézanne“, Quelle: YouTube, Trailerloop